Die Homöopathie

 

§282


Im Fall bei der Cur, vorzüglich der chronischen Krankheiten, die ersten Gaben schon eine sogenannte homöopathische Verschlimmerung, d. i. eine merkliche Erhöhung der zuerst erforschten, ursprünglichen Krankheits-Symptome hervorbrächten und gleichwohl jede wiederholte Gabe (nach §. 247.) vor dem Einnehmen durch Schütteln etwas modificirt (hoher dynamisirt) worden war, so wäre dieß ein sicheres Zeichen, daß die Gaben allzu groß waren *.

* Die Regel, für die chronischen Krankheiten, bei ihrer homöopathischen Behandlung mit den kleinst möglichen Gaben den Anfang zu machen und nur ganz allmälig sie zu verstärken, leidet eine merkliche Ausnahme bei der Heilung der drei großen Miasmen, während sie noch auf der Haut blühen, d.i. bei der unlängst ausgebrochenen Krätze, dem unberührt (an den Zeugungstheilen, den Scham- oder Mund-Lippen, u.s.w.) gebliebenen Schanker und den Feigwarzen. Diese vertragen nicht nur, sondern sie erfordern sogar, gleich Anfangs, große Gaben ihrer specifischen Heilmittel von immer höherem und höherem Dynamisations-Grade, täglich, (auch wohl mehrmal des Tags) eingenommen. Bei ihnen ist, wenn man so verfährt, nicht zu befürchten, daß, wie bei Behandlung im Innern verborgner Krankheiten, die allzu große Gabe, wahrend sie die Krankheit ausgelöscht hat, schon durch ihre Uebergröße einen Anfang zur Arznei-Krankheit und beim Fortgebrauche, eine chronische Arznei-Krankheit erzeugen könnte. Bei gedachten, offen daliegenden Blüthen dieser drei Miasmen ist dieß nicht der Fall; da kann man an den täglichen Fortschritten in ihrer Heilung sichtlich wahrnehmen, um wie viel durch die große Gabe dem Lebensprincipe das Gefühl von diesen Krankheiten täglich entzogen worden ist; denn keine von diesen dreien kann in Heilung übergegangen sein, ohne daß der Arzt durch ihr Verschwinden die Ueberzeugung erhalten hätte, daß nun keine dieser Arzneien mehr nöthig sei. Da die Krankheiten im Allgemeinen nur dynamische Eingriffe auf das Lebens-Prinzip sind und ihnen nichts Materielles, keine Materia peccans zum Grunde liegt (wie die alte Schule seit Jahrtausenden in ihrem Irrwahne gefabelt und hienach immer zum Ruine der Kranken kurirt hat), so ist auch in diesen Fällen nichts Materielles hinweg zu nehmen, wegzuschmieren, wegzubeitzen, nichts abzubinden, oder abzuschneiden, ohne den Kranken lebenslang unendlich kränker und unheilbarer zu machen (s. chron. Krankh. I. Theil), als er es bei der unangetasteten Blüthe dieser drei großen Miasmen war. Das dynamisch-feindlich auf das Lebens-Princip Ausgeübte, ist das Wesentliche dieser äußern Zeichen innern, bösartigen Miasm’s, was bloß durch Einwirkung einer homöopathischen Arznei auf das Lebens-Princip auszulöschen ist, die dasselbe aber auf ähnliche Weise stärker afficiert und ihm so das Gefühl des innern und äußern geistartigen Krankheits-Feindes entzieht, dergestalt, daß dieser dann für das Lebens-Princip (für den Organism) nicht mehr existirt und so den Kranken frei vom Uebel und geheilt entläßt.


Doch lehrt die Erfahrung, daß zwar die Krätze sammt ihrem Ausschlage, so wie der Schanker mit dem innern, venerischen Miasm, bloß durch die innerlich eingenommenen, specifischen Arzneien geheilt werden können und müssen; die Feigwarzen aber, wenn sie schon eine Zeit lang unbehandelt dastanden, auch die äußere Auflegung ihrer specifischen, zugleich innerlich angewendeten Arzneien, zur vollkommenen Heilung nöthig haben.



§283

Um nun ganz naturgemäß zu verfahren, wird der wahre Heilkünstler seine, für alle Rücksichten bestens gewählte, homöopathische Arznei, auch schon deßhalb nur in so kleiner Gabe verordnen, damit, wenn ihn ja einmal menschliche Schwäche verleitet hätte, eine unpassendere Arznei anzuwenden, der Nachtheil von ihrer, der Krankheit unangemessenen Beschaffenheit nur so gering sein könne, daß er durch die eigne Kraft des Lebens und durch alsbaldige Entgegensetzung (§. 249) des nun, nach Wirkungs-Aehnlichkeit passender gewählten Heilmittels (ebenfalls in kleinster Gabe) schnell wieder ausgelöscht und gut gemacht werden könne.

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